DIE MORPURGO
Ein Zweig der Familie Marbourg – dessen Stammvater Israel Isserlein zu sein scheint, der Ende des 14. Jahrhunderts in der Steiermark geboren wurde – ließ sich Ende des 18. Jahrhunderts in Triest nieder, wo sie den Namen Morpurgo annahmen und der als solches bis heute bestehen bleibt. Insbesondere Carlo Marco, Onkel des Spenders, ist unter ihnen in Erinnerung geblieben. 1854 gründete er zunächst die Bank »Mondolfo und Morpurgo«, später die Bank »Fano und Morpurgo« und knüpfte Handelsbeziehungen zu verschiedenen Weltmächten, die dem österreichischungarischen Reich sehr zugute kamen. Wegen seiner unternehmerischen und diplomatischen Fähigkeiten erhielt er zwischen 1861 und 1872 zahlreiche Ehrentitel von Tunesien, Italien, Frankreich, Spanien und von Österreich, das ihn zum Baron machte. Seine Großzügigkeit wird durch Vermächtnisse und Schenkungen belegt: Das Stadtmuseum Morpurgo ist nach wie vor ein greifbares und prestigeträchtiges Beispiel für diese Großzügigkeit.
DER PALAST
An der Ecke Via Imbriani 5 und Via Mazzini 42 steht der Morpurgo Palast, ein majestätisches Gebäude, das 1875 von Giovanni Berlam, einem der berühmtesten und begehrtesten Architekten der damaligen Zeit, entworfen wurde. Die schlicht geschmückten Fassaden erstrecken sich über vier Stockwerke, denen vier Balkone eine schöne optische Bewegung verleihen. An der Hauptfassade, über dem Haupteingang von Via Imbriani, sind die Balkone größer. Im zweiten Stockwerk befindet sich die Wohnung, die ab 1878 von Giacomo und Francesca Morpurgo mit ihren Söhnen Matilde und Mario bewohnt wurde, mit einer Fläche von ca. 600 m².
Die Repräsentationsräume erstrecken sich der Hauptfassade entlang, die privaten Räume an der Seitenfassade, während sich im inneren Teil des Gebäudes, erhellt durch einen großen Innenhof, die Küche und die Diensträume befinden. Die Wohnung hat zwei Eingänge, den Haupteingang (der heute noch benutzt wird) für die Gastgeber und ihre Gäste und den Eingang für Lieferanten und Dienerschaft, der sich am Ende des Korridors befindet und durch den Innenhof erreicht werden kann.
DER BESUCH
Bereits im Atrium, das mit einer orientalischen Holzkassettendecke geschmückt ist, wo das Porträt von Mario Morpurgo auffällt, zeigt sich ein prächtiges Beispiel für ein bürgerliches Haus aus dem späten 19. Jahrhundert. Es ist mit fürstlicher Pracht ausgestattet und zeichnet sich durch den Reichtum seiner Innenräume aus, die alle original sind und jeweils einen anderen historischen Stil repräsentieren, je nach dem Geschmack der Zeit. Die Wohnung gliedert sich in Repräsentationsräume, wie das Musikzimmer, das Esszimmer und die Wohnzimmer, unter denen sich das weibliche und männliche Wohnzimmer (den sogenannten fumoir) durch Vollständigkeit und Originalität auszeichnen; in privaten Räumen, wie Schlafzimmern, dem Arbeitszimmer, der Bibliothek; in Dienerschaftsräumen, wie Schlafzimmern, der Küche, der Speisekammer. Wie es der aristokratische Brauch verlangte, kommunizierten alle Räume miteinander.
So wurden die Gäste vom Atrium aus in den Hauptsaal, den größten und prunkvollsten Raum, hereingelassen und von dort aus konnten sie ohne Nutzung des Korridors von Raum zu Raum gelangen.
Jeder Raum ist von einem besonderen Stil und Farbe geprägt: abwechselnd im Empire-Stil mit Rot, der toskanischen Renaissance bereichert durch Neorokoko in Brauntönen, dem romantischen mit schwarzem Holz, dem Stil Louis- Philippe, der mit Gold und Rot funkelt, dem Venezianischen Stil des achtzehnten Jahrhunderts mit Alabasterlack und zartem Pastellblau, dem Neo-Boulle, in dem Schwarz und Gold mit bunten roten Einschüben vermischt sind. Elegante Kamine und Alabasterkachelöfen hatten die Aufgabe, die Räume auf gemütliche und funktionale Weise zu beheizen.
An den Wänden befinden sich Familienporträts und etwa sechzig Gemälde und Zeichnungen von italienischen, französischen und österreichischen Malern des späten 19. Jahrhunderts, darunter Antonio Zona, Domenico Morelli, Girolamo Induno, Luigi Nono, Emma Ciardi, Tito Agujari, Charles Daubigny, Paul Baudry, Johann Ranftl und Bernardo Fiedler.
Im Speisesaal befinden sich zwei kostbare komplette Tischservices aus französischem Porzellan Pillivuyt mit dem Morpurgo-Monogramm. Die Fülle der Sitzplätze und ihrer Anordnung um einen hohen zentralen Tisch herum, spiegelt deutlich die Gewohnheit wider, Gäste auch in großer Zahl zu empfangen. Wir wissen, dass diese Familie insbesondere musikalische Begegnungen und kulturelle Abende organisierte, in denen Gedichte vorgelesen und bestimmte wissenschaftliche Themen kommentiert wurden, während es die Möglichkeit gab, die Neuhheiten zur Schau zu stellen, die in die privaten Kunstsammlungen einfließen sollten. Auch das Theater fand Platz im Morpurgo-Haus: Eine kleine Bühne wurde eingerichtet und Komödien aufgeführt, deren Interpreten die Eigentümer des Hauses und ihre Freunden waren. Neben dem, was ausgestellt ist, umfasst das Erbe auch eine interessante und auffällige Sammlung von französischen und japanischen Drucken, chinesischem Porzellan – ausgestellt im Civico Museo d’Arte Orientale (Stadtmuseum für orientalische Kunst, Via San Sebastiano, 1) – und italienischer Majolika – ausgestellt im Civico Museo Sartorio (Stadtmuseum Sartorio im Largo Papa Giovanni XXIII, 1).